BVSK-Recht Aktuell 37/2019

Die aktuelle Ausgabe des Newsletters finden Sie hier.

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Inhalt:

Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens bei Neufahrzeugkauf – Gewährleistungsausschluss
OLG Karlsruhe, Urteil vom 04.12.2018, AZ: 9 U 160/16

Keine Erstattung von Gutachterkosten bei verschwiegenen Vorschäden
LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 18.05.2018, AZ: 12 O 255/16

Keine Abrechnung nach Normaltarif, wenn der Geschädigte keine Kreditkarte hat
LG Gera, Urteil vom 06.02.2019, AZ: 1 S 27/18

Geschädigter muss sich nicht auf günstigere Referenzwerkstatt verweisen lassen
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 29.10.2018, AZ: 108 C 3041/18

BVSK-Pressemitteilung: Resolution zu Kriterien einer Karosserie-Eingangsvermessung zur Schadendiagnose

Deutsche Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung

Die Deutsche Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung, in der der BVSK seit vielen Jahren sehr aktiv mitwirkt, hat sich nicht zuletzt auf Initiative des BVSK mit der Thematik Karosserieeingangsvermessung im Rahmen der Schadendiagnose befasst.

Der BVSK geht davon aus, dass in Zukunft in sehr vielen Fällen eine Karosserievermessung bereits als Bestandteil der Schadenfeststellung zwingend geboten ist.

Wir verweisen insoweit auch auf die Aktivitäten des BVSK gemeinsam mit der Fa. Car-O-Liner, um die Sachverständigen des BVSK überhaupt in die Lage zu versetzen, dieses Thema sach- und fachgerecht zu beherrschen.

Nunmehr hat sich auch die Deutsche Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung, die bekanntlich beim AZT in Ismaning angesiedelt ist, mit der Frage befasst und in ganz wesentlichen Punkten die Überlegungen des BVSK übernommen.

Zweifelsfrei werden hier neue Herausforderungen an Kfz-Sachverständige aufgestellt, die aber gleichzeitig deutlich machen, dass nur der qualifizierte Sachverständige in der Lage ist, bei immer komplexer werdenden Fahrzeugen Schadengutachten zu erstellen.

Ausdrücklich dürfen wir darauf hinweisen, dass es bei dieser Thematik nicht darum geht, dass lediglich in die Reparaturkalkulation eine Vermessung einfließt, sondern die Vermessung Voraussetzung zur Feststellung des Schadenbeseitigungsaufwandes ist.

Gerade vor dem Hintergrund, dass etwa 40 % aller Unfallschäden fiktiv abgerechnet werden, ist eine Verlagerung der letztlichen Reparaturkostenermittlung in die Werkstatt nicht möglich.

Hier finden Sie die komplette Resolution.

 

Eine Pressemitteilung des:

BVSK e.V.

Haftung des Betreibers einer Kfz-Waschanlage für Schäden am Fahrzeug

AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 03.03.2014, AZ: 237 C 288/13

Hintergrund

Der Kläger – von Beruf Kfz-Sachverständiger – ist Eigentümer eines Mercedes G 500. Der Kläger suchte mit seinem Fahrzeug eine Portalwaschanlage auf, die im Selbstbedienungsmodus betrieben wird. Dabei fährt der Nutzer das Fahrzeug in die Waschanlage und kauft an der Kasse der Tankstelle die Wäsche. Er erhält einen Code, mit dem er den Waschvorgang aktiviert. An dem für die Codeeingabe vorgesehenen Automaten und auf den in der Tankstellengeschäftsräumen ausgehängten AGB wird darauf hingewiesen, dass der Kunde verpflichtet ist, auf ihm bekannte Umstände hinzuweisen, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Anlage führen könnten.

Das Fahrzeug des Klägers ist mit einer Höhe von 2 m deutlich höher als andere Fahrzeuge und hat ein an der Hecktür montiertes Reserverad mit entsprechender Abdeckung. Bei dem Waschvorgang blieb die horizontal verlaufende Waschbürste an dem Reserverad hängen, hob das Fahrzeug an und verursachte eine Delle in der Reserveradabdeckung. Weiterhin beklagte der Kläger eine Verformung an der Hecktüraufhängung, die durch das Anheben des Fahrzeugs erfolgt sein sollte.

Der Kläger begehrte den Ersatz der Reparatur- und Sachverständigenkosten.

Aussage

Das AG Berlin-Charlottenburg sah aufgrund der angebrachten Hinweise des Waschanlagenbetreibers, dass der Nutzer auf ihm bekannte Umstände, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Anlage führen könnten, hinzuweisen hat, sowie aufgrund der besonderen Sachkenntnis des Klägers als Kfz-Sachverständiger keine Pflichtverletzung des Beklagten, sodass es die Klage abwies. Es führt weiterhin aus:

„Ohne die Ausstattung des Fahrzeugs mit einem Reserverad an der Hecktür in dieser Höhe wäre es nach Überzeugung des Gerichts zu keinerlei Schaden gekommen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Für den Schaden ist deshalb der Kläger selbst verantwortlich. Aus den als Anlagen B1 und B2 eingereichten Fotos lässt sich nämlich ersehen, dass optisch sichtbar Bedienungshinweise am Eingang der Waschanlage standen und dass die Kunden auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie sich mit der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten einverstanden erklären, die im Kassenbereich und am Bedienungsautomaten der Anlage aushingen. Nach Nr. 2 dieser AGB wäre der Kläger verpflichtet gewesen, vor der Benutzung der Anlage auf alle ihm bekannten Umstände hinzuweisen, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Waschanlage führen konnten. Dabei war dem Kläger nach seiner eigenen Aussage im Verhandlungstermin bewusst, dass er die Anlage mit einem besonders hohen, nämlich 2m hohen Fahrzeug benutzen wollte und dass es wegen der Höhe des Fahrzeugs in Waschanlagen zu Problemen kommen könnte. Außerdem musste ihm, gerade auch aufgrund seines Berufs als Kfz-Sachverständiger, klar sein, dass jegliche außen an einem Fahrzeug angebrachte besondere Ausstattung wegen des vollautomatischen Betriebs der PortalwaschanIage, die auf Standardfahrzeuge – also nicht auf besonders hohe Fahrzeuge – eingestellt ist, wegen der rotierenden Borsten zu Schäden führen könnte. Er wäre deshalb vor dem Waschvorgang gehalten gewesen, die Mitarbeiterin des Beklagten, … , auf die besondere Höhe des zu waschenden Fahrzeugs und seine besondere Ausstattung mit einem an der Hecktür (hoch) angebrachten Reserverad hinzuweisen. Dies hat der Kläger offensichtlich unterlassen.“

 Praxis

Das AG Berlin-Charlottenburg stellte noch einmal deutlich heraus, dass der Betreiber einer Portalwaschanlage nicht verpflichtet ist, die Anlage auf sämtliche, gegebenenfalls auch serienmäßig ab Werk erstellte Fahrzeugsondergestaltungen oder Sonderausstattungen auszurichten. Auch ist er nicht verpflichtet, den Waschbetrieb durch Bereitstellung von Personal lückenlos zu überwachen.

Der Betreiber genügt seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn er – wie die Beklagte in dieser Entscheidung – ausreichend erkennbar darauf hinweist, dass der Kunde den Betreiber auf derartige Besonderheiten hinzuweisen hat.

Keine Verweisung bei Nachweis regelmäßiger Wartung in markengebundenen Vertragswerkstätten

AG Frankfurt/ Main, Urteil vom 30.10.2014, AZ: 31 C 2574/14 (10)

Hintergrund

Die Parteien streiten u.a. noch um restliche Reparaturkosten. Die Beklagte hatte nicht die im Schadengutachten kalkulierten Netto-Reparaturkosten reguliert, da sie der Auffassung ist, den Kläger auf eine günstigere, freie Fachwerkstatt verweisen zu können. Auch UPE-Aufschläge wurden von der Beklagten gekürzt.

Das Fahrzeug des Klägers war ein VW Polo, der im Unfallzeitpunkt bereits 14 Jahre alt war und einen Kilometerstand von ca. 144.000 km aufwies. Der Kläger konnte durch Vorlage des Serviceheftes nachweisen, dass die Wartung des Fahrzeugs stets durch Vertragswerkstätten vorgenommen wurde.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vollumfänglich Erfolg.

Aussage

Das AG Frankfurt/ Main wies die Verweisung des Klägers auf eine freie Fachwerkstatt zurück, da diese für den Kläger im Sinne der Rechtsprechung des BGH unzumutbar ist.

Weiter lehnte es den Abzug der im Gutachten kalkulierten UPE-Aufschläge durch die Beklagte ab. UPE-Aufschläge gehören auch im Rahmen der fiktiven Schadenabrechnung zu den zu ersetzenden Kosten, wenn sie in den in Betracht kommenden Reparaturwerkstätten anfallen. Die Aufschläge waren voll zu erstatten, da es gerichtsbekannt ist, dass im Rhein-Main-Gebiet in VW-Vertragswerkstätten UPE-Aufschläge in kalkulierter Höhe anfallen.

Lediglich die merkantile Wertminderung von 100,00 € lehnte das Gericht ab. Dabei wurde nicht verkannt, dass es wegen der verbesserten Fahrzeughaltbarkeit keine starren Grenzen hinsichtlich Fahrzeugalter und Laufleistung mehr geben kann. Hier wies das streitgegenständliche Fahrzeug jedoch bereits verschiedene Vorschäden und nicht reparierte Altschäden auf, weshalb der streitgegenständliche Blechschaden in Form der bloßen Erneuerung der Stoßfängerabdeckung in der Gesamtschau keine Vertiefung eines bereits zuvor bestehenden merkantilen Minderwertes zur Folge hatte.

Praxis

Das AG Frankfurt/ Main folgt den vom BGH aufgestellten Kriterien zur Unzumutbarkeit einer Verweisung bei nachweislich regelmäßiger Wartung in markengebundenen Fachwerkstätten.

Erstattung der Umsatzsteuer einer Ersatzbeschaffung im Rahmen einer Reparaturschadenabwicklung

OLG Köln, Urteil vom 07.05.2014, AZ: I-16 U 171/13

Hintergrund

Im Rahmen einer Haftpflichtschadenabwicklung, bei der kein Totalschaden eingetreten war, entschied sich der Geschädigte, die Reparaturkosten fiktiv abzurechnen. Nach Ablauf von sechs Monaten veräußerte er das Fahrzeug unrepariert und erwarb ein neues Fahrzeug. Die hierbei angefallene Umsatzsteuer verlangte er nunmehr von der Haftpflichtversicherung erstattet.

Aussage

Das OLG Köln trennt hier deutlich zwischen einer Reparaturkosten- und einer Totalschadenabrechnung und spricht dem Geschädigten eindeutig die Umsatzsteuer der Ersatzbeschaffung in dem Umfang zu, wie sie in den gutachterlich ermittelten Reparaturkosten enthalten ist:

„Der Kläger kann auch die Reparaturkosten nach Gutachten mit der Mehrwertsteuer einer (unwirtschaftlichen) Ersatzbeschaffung kombinieren. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 5.2.2013 – VI ZR 363/11, zit. nach juris) und auch dem Willen des Gesetzgebers (BT-DrS 14/7752 S. 24). Die Ersatzbeschaffung ist ebenfalls eine Maßnahme der Schadensbeseitigung, wenn auch im vorliegenden Fall eine unwirtschaftliche. Die Mehrwertsteuer ist daher auf den Betrag beschränkt, der bei der wirtschaftlichen Reparatur angefallen wäre. Der Gesetzgeber wollte den Geschädigten aber durch § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nicht daran hindern, den unwirtschaftlichen Weg der Schadensbeseitigung zu wählen, solange er nur die Kosten für die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellung verlangt. Dabei kann er aber – wenn die Umsatzsteuer tatsächlich angefallen ist – diese bis zu dem wirtschaftlich erforderlichen Betrag verlangen.

Diese Grundsätze gelten gerade dann, wenn der Kläger – wie inzwischen zwischen den Parteien unstreitig – sein Fahrzeug unrepariert veräußert (BGH Urt. v. 5.2.2013 – V ZR 363/11, zit. nach juris).

Der Kläger muss sich den Erlös für das unrepariert veräußerte Fahrzeug nicht anrechnen lassen. Der Wiederbeschaffungswert ist lediglich bei einer Abrechnung auf Totalschadensbasis abzuziehen. Der Kläger rechnet aber auf Reparaturkostenbasis ab. Diese Abrechnung verstößt auch nicht gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot. Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt erkennbar nicht vor.“

Praxis

Der Geschädigte kann als Herr des Restitutionsgeschehens entscheiden, wie er die Schadensbeseitigung vornehmen möchte. Er kann daher auch anstelle der Reparatur eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen. Dabei kann er die in den gutachterlich ermittelten Reparaturkosten enthaltene Umsatzsteuer verlangen, soweit bei dem Kauf der Ersatzbeschaffung diese real angefallen ist. Im Rahmen des Reparaturschadens muss er sich auch nicht den Erlös des veräußerten Fahrzeugs anrechnen lassen.

Restwertangebot der Versicherung muss nicht abgewartet werden

AG Kulmbach, Urteil vom 08.05.2014, AZ: 70 C 678/13

Hintergrund
Die Klägerin erlitt am 14.06.2013 einen unverschuldeten Verkehrsunfall und beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadengutachtens. Sie rechnete den Schaden aufgrund des Gutachtens vom 18.06.2013 auf Totalschadenbasis (Wiederbeschaffungswert: 7.350,00 € abzüglich Restwert: 2.500,00 € entspricht Wiederbeschaffungsaufwand: 4.850,00 €) ab und verkaufte am 20.06.2013 ihr Unfallfahrzeug zum höchsten der drei durch den Sachverständigen ermittelten Restwertangebote (2.500,00 €) an einen örtlichen Mazda-Händler, bei dem sie auch ein Ersatzfahrzeug erwarb.

Mit Schreiben vom 27.06.2013 übermittelte die beklagte Haftpflichtversicherung des Unfallgegners der Klägerin ein Restwertangebot in Höhe von 3.300,00 € und rechnete den Schaden auf Grundlage dieses Angebotes ab (Wiederbeschaffungswert: 7.350,00 € abzüglich Restwert: 3.300,00 € entspricht Wiederbeschaffungsaufwand: 4.050,00 €).

Die Differenz in Höhe von 800,00 € machte die Klägerin u.a. erfolgreich gerichtlich geltend.

Aussage
Das AG Kulmbach ging auf die Frage, ob die Geschädigte ein Restwertangebot der Versicherung abwarten oder gar abfragen müsse, gar nicht erst im Detail ein. Das AG verweist auf die insoweit ausreichend deutliche BGH-Rechtsprechung, wonach ein Geschädigter sich auf drei am regionalen allgemeinen Markt eingeholte Angebote verlassen darf. Eine eventuelle Wartepflicht auf Angebote der Versicherung lässt sich dieser BGH-Rechtsprechung beim besten Willen nicht entnehmen. Sie würde der Wertung des BGH klar widersprechen.

Das AG Kulmbach führt aus:

„Der Wiederbeschaffungsaufwand errechnet sich hier unter Zugrundelegung des im Gutachten des Sachverständigen XXX vom 18.06.2013 ermittelten Wiederbeschaffungswertes (differenzbesteuert) in Höhe von 7.350,- EUR abzüglich des in dem Gutachten aufgeführten Restwertes mit Mehrwertsteuer in Höhe von 2.500,- EUR, mithin auf den klägerseits in Ansatz gebrachten Betrag von 4.850,- EUR.

Im Bereich der Rechtsprechung zur Restwertproblematik ist der Kreis der für den Geschädigten relevanten, zu berücksichtigenden Restwertaufkäufer eingeschränkt. Bei der Ermittlung des für den Geschädigten relevanten Restwertes stellte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.07.2005, AZ: VI ZR 132/04 auf den regionalen allgemeinen Markt ab.

Maßgeblich ist ein Restwert, den der Geschädigte bei einem Kfz-Betrieb seines Vertrauens in seiner Region bzw. bei einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler erhalten würde.

Die Eingrenzung der für den Geschädigten maßgeblichen Restwerte bestätigt der Bundesgerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung vom 13.10.2009, AZ: VI ZR 318/08. Der Sachverständige hat den maßgeblichen Restwert aus der Sicht des Geschädigten am regionalen allgemeinen Markt zu ermitteln.

Diesen Anforderungen hat das vorgelegte Gutachten vom 18.06.2013 genügt.

Auf Seite 9 und 10 des Gutachtens sind Restwertangebote aufgeführt des Autohauses XXX: 2.500,- EUR, des Autohauses XXX: 2.450,- EUR sowie des Autohandel XXX: 2.210,- EUR.

Im Urteil vom 13.01.2009, AZ: VI ZR 205/08 führt der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Restwertproblematik aus, dass der Geschädigte sich nicht auf Angebote von Sondermärkten, etwa durch Einschaltung spezialisierter Restwertaufkäufer über das Internet, verweisen lassen muss.

Die Klägerin durfte, da im Schadensgutachten des Sachverständigen XXX der Restwert auch korrekt unter Erholung von drei Restwertangeboten auf dem regionalen Markt ermittelt worden ist, ohne sich vorher mit der Beklagten verständigen zu müssen, zu dem höchstbietenden Restwert laut Gutachten verkaufen.

Die Klägerin war als Geschädigte Herrin des Restitutionsgeschehens. Sie darf damit grundsätzlich selbst bestimmen, wie sie mit der beschädigten Sache verfährt.

Die Klägerin hat dem „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ Genüge getan, indem sie ihr beschädigtes Fahrzeug zu dem höchsten im Gutachten aufgeführten Preis veräußert hat.
(AG Kulmbach, Urteil vom 08. Mai 2014 – 70 C 678/13 –, Rn. 50, juris).“

Praxis
Das AG Kulmbach schließt sich der überwiegend herrschenden Rechtsprechung an, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, ein Restwertangebot der Versicherung abzuwarten. Er ist berechtigt, sofern ihm keine höheren Restwertangebote bekannt sind bzw. aus seinem Wissen heraus die mitgeteilten Restwertangebote als zweifelhaft erkennbar sind, eine Veräußerung sofort vorzunehmen.

Weglegen bzw. Weitergabe eines Handys – ohne Beachtung des Displays – ist keine verbotene Handynutzung

OLG Köln, Beschluss vom 07.11.2014, AZ: III-1 RBs 284/14

Hintergrund

Eine Autofahrerin hatte ein eingeschaltetes Mobiltelefon in ihrer Handtasche. Als dieses klingelte, versuchte ihr Sohn, das Handy in der Handtasche zu finden und es herauszunehmen. Da ihm dies nicht gelang, reichte er die Tasche mit dem Handy an die Fahrerin. Diese suchte – während sie die Fahrt fortsetzte – in der Tasche nach dem Handy. Sie übergab es während eines Abbiegevorganges ihrem Sohn, ohne dabei auf das Display des Telefons zu sehen, der das Gespräch sodann entgegennahm.

Das Amtsgericht wertete diese Tätigkeit als „Benutzung eines Mobiltelefons“ im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO und verurteilte die Fahrerin zu einer Geldbuße von 40,00 €.

Das OLG Köln hat das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben.

Aussage

Das OLG Köln sah in der dargestellten Tätigkeit eine „reine Ortsveränderung“ des Handy, welche keine Benutzung im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO darstellt. Nach dieser Norm ist es dem Fahrzeugführer untersagt, ein Mobiltelefon durch Aufnahme oder Halten zu benutzen. Verboten ist danach das Telefonieren während der Fahrt einschließlich „Vor- und Nachbereitungshandlungen“ bzw. sämtliche Bedienungsfunktionen. Sanktioniert werden sollen Handlungen, die einen Bezug zur Funktionalität des Geräts aufweisen.

Der Umstand, dass die Fahrerin das Gerät nach Erklingen des Signaltons aufnahm, rechtfertigt in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation keine andere Bewertung. Es ist kein „erster Schritt zur Kommunikation“ darin zu sehen, wenn im Rahmen der Weitergabe des Telefons keine angebotene Funktion des Geräts genutzt wird. Durch die Fahrerin wurde kein Kommunikationsvorgang vorbereitet, da das Mobiltelefon ohne vorheriges Ablesen des Displays weitergegeben wurde.

Die angefochtene Entscheidung wurde aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.

Praxis

Die hier vorgetragene Argumentation des Weglegens bzw. Weitergebens eines klingelnden Handys, ohne auf das Display zu schauen, wurde nach Auffassung des OLG Köln nicht als Handynutzung im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO gewertet und scheint daher einen nachvollziehbaren Verteidigungsansatz darzustellen.

Kfz-Haftpflichtschaden – Kosten der Fahrzeugreinigung sind zu ersetzen

AG Bochum, Urteil vom 09.12.2014, AZ: 68 C 305/14

Hintergrund

Der Kläger erlitt am 08.02.2014 in Bochum einen Verkehrsunfall. Die Eintrittspflichtigkeit der Beklagten (Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners) dem Grunde nach standfest.

Zur Ermittlung des Unfallschadens holte der Kläger ein Sachverständigengutachten ein,welches Reinigungskosten nach durchgeführter Reparatur in Höhe von 42,48 € auswies. Das Fahrzeug wurde konkret repariert,die Reparaturrechnung beinhaltete Reinigungskosten von 42,48 €.

Die Beklagte verweigerte vorgerichtlich die Regulierung dieses Schadens mit der Behauptung dieser Betrag sei grundsätzlich in den Arbeitszeiten der Herstellerrichtlinien bei den Lackierkosten enthalten.

Das AG Bochum sah dies anders und gab der Klage vollumfänglich statt.

Aussage

Das AG Bochum ging nicht näher darauf ein ob die Kosten der Fahrzeugendreinigung bereits in den Arbeitszeiten der Herstellerrichtlinien zu den Lackierkosten enthalten waren. Hierauf kam es nach der Ansicht des AG Bochum überhaupt nicht an. Hierzu führte das AG Bochumaus:

„Denn das Prognoserisiko trägt bei einer tatsächlich durchgeführten Reparatur der Schädiger (Palandt, 73. Auflage,§ 249 Rn. 13) und damit auch die Haftpflichtversicherung des Schädigers. Sie haftete daher auch für erfolglose Reparaturversuche und nicht notwendige Aufwendungen, sofern der Geschädigte die getroffenen Maßnahmen als aussichtsreichansehen durfte. Eine Ersatzpflicht erstreckt sich auch auf Mehrkosten, die ohne Schuld des Geschädigten durch unsachgemäße Maßnahmen der von ihm beauftragten Werkstattverursacht worden sind (Palandt, a.a.O.). Dass dem Kläger vor dem Reparaturauftrag bewusst gewesen wäre, dass möglicherweise die Kosten der Endreinigung nicht gesondert abzurechnen wären, trägt die Beklagte weder vor, noch ist dies ersichtlich.“

Praxis

Im Ergebnis ist die Entscheidung des AG Bochum richtig. Die Begründung überrascht allerdings. Das AG Bochum setzte sich gar nicht mit der Frage auseinander, obentsprechende Endreinigungskosten in den Arbeitszeiten der Herstellervorgaben enthaltensind. Dies spiele gar keineRolle. Der Geschädigte kann dennoch die seitens der Werkstatt abgerechneten Reparaturkosten als Schadenersetzt verlangen. Diese Argumentation ist auch auf andere Schadenpositionen übertragbar. Es kommt eben nicht nur darauf an, ob bestimmte Reparatur-, Sachverständigen- bzw. Mietwagenkosten erforderlich waren, sondern darüber hinaus ist entscheidend, ob dem Geschädigten vorab bewusst war, dass Kosten in konkreter Höhe nicht ersetzbar sind. Diese Rechtsprechung schützt den Geschädigten und ist vor diesem Hintergrund ausdrücklich zu begrüßen.

 

BVSK e.V. Information für Kfz-Reparaturbetriebe

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